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Neue Attraktivität des Religiösen?

Abt-Herwegen-Institut und Laacher Forum gingen in Maria Laach auf Spurensuche

Bild vergrößernAbt Benedikt Müntnich eröffnete im Informationszen­trum Maria Laach die Jahrestagung 2007. Der offene Studientag des Abt-Herwegen-Instituts Maria Laach e.V. und des Laacher Forums begab sich mit der Frage „Gibt es eine neue Attraktivität des Religiösen?“ auf Spurensuche. Eine gewisse Suche, Hilflosigkeit und Beliebigkeit sowie die wachsende „Ahnung, dass dem Menschen ohne Religion etwas Wesentliches fehlt“ stellte der Laacher Abt in seinem Impulsreferat fest. Professor Dr. Werner Weidenfeld, Vorsitzender des Abt-Herwegen-Instituts, sprach von einem „religiösen Magnetismus“ und erinnerte in diesem Zusam­menhang an das Sterben Papst Johannes-Pauls II. und die Wahl Papst Benedikts XVI. als mögliche Ur­sache dafür, dass nach dem Jahr 2005 zehn Prozent mehr der Deutschen von sich behaupten, an Gott zu glauben.

Der Pastoraltheologe Professor P. Dr. Karl Bopp, Philosophisch-Theologische Hochschule – Theologi­sche Fakultät der Salesianer Don Boscos – in Bene­diktbeuern, bezeichnete die heutige Jugendreligiosität als eine Herausforderung für die Kirche. Bereits im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts verlor die Kirche ihr Monopol als alleiniger Vertreter der Wahrheit. Die daraus resultierenden Folgen konnte das katholische Milieu noch bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts aufhalten. Doch mit der 68er-Revolution gewann die Individualisierung in der Kirche an Bedeutung. Aus einer „Normalbiographie wurde eine Wahlbiogra­phie“. Der moderne Christ entscheidet selbst, was er glauben will und was nicht. Junge Menschen nehmen nicht mehr hin, was die Gesellschaft vorgibt. Sie wäh­len im Sinne der „Egotaktik“ religiöse Angebote nach ihrem ganz persönlichen Nutzen aus. Dieser individu­alisierte Zugang findet Religion interessant, steht ihr keineswegs skeptisch gegenüber und zeigt sich offen für einen Meinungsaustausch. Die Kirche aber, so Professor Bopp, könne „nicht mehr als Mutter und Lehrmeisterin auftreten, vielmehr als eine Gruppe von Menschen, die einen spannenden Gottesdialog führt.“ Sie dürfen „Gott nicht schon in der Tasche haben.“ Kirche müsse für sich neu definieren, was die Missio­nierung Europas heute bedeutet. Geht es darum, fragte der Salesianerpater, Mitglieder zu gewinnen oder Menschen die „Reich-Gottes-Erfahrung“ zu vermit­teln? Erschwerend kommt hinzu, dass die Gottesdiens­te in den Kirchen kaum noch Jugendliche erreichen. Vielmehr müssen die Gemeinden dorthin gehen, wo sich die Gruppen aufhalten. Professor P. Dr. Karl Bopp warnte aber vor allzu großen Erwartungen, wir könnten „Jugendliche katholisch machen wie in den 50er Jahren. Dann werden wir enttäuscht sein.“

Werner Höbsch, Leiter des Referats für Interreligiösen Dialog im Generalvikariat Köln, vermittelte als zwei­ter Referent Einblicke in die neureligiöse und weltan­schauliche Szene und in die Weltreligionen in Deutschland. In den 60er Jahren des letzten Jahrhun­derts entstanden erste „Jugendsekten“, die heute im Bereich der Esoterik 300 bis 600 Gruppierungen bil­den und eine erwachsene Klientel bedienen. Die Post­moderne glaube an das „gleiche spirituelle Grundwasser aller Religionen“, führte der Referent aus. Offenbarung komme nicht mehr von außen auf den Menschen zu, sondern sei in jedem Menschen auf­findbar. Auch das moderne Individuum ist spirituell ausgerichtet, so Werner Höbsch: Menschen mit einem Bekenntnis und Sinnsucher. Um einer Abwanderung zu den Sekten entgegenzuwirken, verlangte der Refe­rent von jedem Christen ein persönliches, dialogisch profiliertes Zeugnis. „Wer Profil zeigt wird attraktiv. Gott ist nicht an ein Milieu gebunden. ‚Gehet hin in alle Welt’ kann auch heißen: Gehet in die Milieus und verkündet das Evangelium“, führte der Leiter des Referats für Interreligiösen Dialog im Generalvikariat Köln aus.

Am Nachmittag sprach der Erfurter Bischof Dr. Joachim Wanke über missionarische Erfahrungen in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft und stellte fest: „Niemand wird als Christ geboren. Jeder muss für sich ganz persönlich Christ werden.“ Glau­bende und Nichtglaubende „begegnen sich grundsätz­lich auf Augenhöhe, weil beide vor Gott bedürftig sind und beide seiner bedürfen“, eine Tatsache, die jede religiöse Gewalt ausschließt. Bischof Wanke versteht Mission als Orientierungsangebot und Rettung für alle Glaubenden und Nichtglaubenden, als ein Geschenk, das man in Freiheit annehmen oder ablehnen kann. Mit einer lustfeindlichen Sexualmoral allerdings sei „jede missionarische Anstrengung verlorene Liebes­müh.“ Kirche habe aber die Aufgabe, im Bereich der Sexualität das Humane zu retten, führte der Bischof aus. Hinderlich sei zudem, dass der Begriff „Mission“ unter Generalverdacht stehe und mit Indoktrination und Fundamentalismus gleichgesetzt werde, ein „geheimer Stachel, der viele vom Glauben abhält.“ Laut Bischof Wanke misstrauen viele einer religiösen Sprache, ein Misstrauen, das die Pastoral nehmen muss. Nach dem Motto „Wertüberzeugungen sind nicht durch gutes Zureden unter die Leute zubringen“ bietet der Erfurter Bischof schon seit vielen Jahren erfolgreich das Weihnachtslob für Nichtgetaufte an, und auch regelmäßige Totengedenken und Valentinssegnungen sind nicht kirchlich gebundenen Menschen in der Domstadt zu wichtigen Ereignissen geworden. „Was da passiert, kann niemand messen. Aber ich denke, dass sie gestärkt wieder rausgehen“, so Bischof Joachim, der auch die Zuhörerinnen und Zuhörer in Maria Laach aufforderte: „Machen Sie ihr Herz auf, dass wir uns ins Herz gucken lassen. Glauben sie ja nicht, dass Ihr Wort und Lebensbeispiel ohne Folgen ist.“

Ende Oktober setzt das Laacher Forum seine Vortragsreihe fort. Die Themen sind im Internet einzusehen: www.ars-liturgica.de. Die Programmhefte liegen in der Buchhandlung Maria Laach aus und werden auf Anfrage zugeschickt:

Ars liturgica e.K.
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56653 Maria Laach
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